Für Digital Workplace Leader besteht die Aufgabe, die optimale Arbeitsumgebung für Mitarbeiter zu schaffen. XLA’s sind eine Möglichkeit, die täglichen Anforderungen des Mitarbeiterteams besser nachzuvollziehen.
Der Wassermelonen-Effekt
Doch was tun, wenn die SLA-Kennzahlen grün leuchten, aber die Mitarbeiter dennoch mit den IT-Diensten am Arbeitsplatz unzufrieden sind? Dieses Phänomen wird als „Wassermelonen-Effekt“ bezeichnet: Auf der Oberfläche scheint alles in Ordnung zu sein – Hardware und Software sind ausreichend vorhanden, die Kennzahlen zeigen Erfolg, die Tools passen – aber in Wahrheit fühlen sich Mitarbeiter durch Ihren Arbeitsplatz unmotiviert und frustriert. Vor allem dann, wenn sie nicht wissen, wie sie ihre Unzufriedenheit bei den üblichen SLA-Umfragen im Unternehmen ausdrücken sollen. Von der Technik her scheint doch alles zu passen?
Die Problematik der negativen Employee Experience ist, dass sie einen tieferen Ursprung hat als SLAs dies messbar machen. Erfüllte KPIs (Key Performance Indicators), die hinter den SLAs stehen, messen die allgemeine IT-Leistung. Darunter zählt unter anderem die Verfügbarkeit der IT-Systeme, die Reaktionszeit des Service Desk etc. Durch die Vorgehensweise der SLAs werden nur Kennzahlen dar geben, somit können keine subjektiven Eindrücke der Mitarbeiter im Arbeitsalltag widergespiegelt werden. Um den qualitativen Eindruck aus Mitarbeitersicht messbar zu machen, bieten XLAs (Experience Level Agreements) den nächsten Baustein zu den bestehenden SLAs.
Anwender vs. Anforderungen
Was sich in SLAs nicht abbilden lässt, ist die Frustration oder Begeisterung am Arbeitsplatz:
Office 2016, ein bereits veraltetes Softwarepaket, wird im Unternehmen genutzt. Mitarbeiter verwenden dieses und konzipieren zusammen mit dem Kunden eine PowerPoint-Folie. Zeittechnisch halten die Mitarbeiter Deadlines ein, schicken dem Kunden neue Entwürfe und sehen den Arbeitsfortschritt positiv. Schon bald ruft der Kunde jedoch an und beschwert sich darüber, dass seine Kommentare in zurückgeschickten Entwürfen nicht abgearbeitet werden, während er mit weiteren Entwürfen überflutet wird.
Der Kunde besaß im Gegensatz zu den Mitarbeitern des Unternehmens das neueste Office 2023. Die Kommentare des Kunden im zurückgeschickten Entwurf wurden auf der alten Version aus 2016 im Layout nicht sichtbar angezeigt. Eine peinliche Situation, die an fehlendem Innovationsmanagement im Unternehmen gebunden war. In halbjährlichen SLA-Umfragen ist so ein Einzelfall aufgrund des quantitativen Messverfahrens gar nicht erst messbar. Also bleibt es bei den 10 Punkten Zufriedenheit unter „Programmverfügbarkeit am Arbeitsplatz“. Das Programm war jederzeit nach SLA-Anforderungen abrufbar; welche Qualität in der User-Experience lag, ist daran nicht abbildbar.
Das Beispiel ist an SLAs die sich auf die Reaktionszeit der IT beziehen gespiegelt anwendbar. Häufig sieht das Unternehmen die Einhaltung von SLAs der internen IT kritischer, als es diese ist. Das bedeutet das Unternehmen steckt Unmengen an Geld in die interne IT welche blitzschnelle Reaktionszeiten auf Tickets und Notfälle aufweist. Das aufgrund einer Menge bereitstehendem Personal.
Erstmal ist das definitiv eine positive Eigenschaft, jedoch stellt sich schnell die Frage, ob das bei einer internen IT überhaupt nötig ist. Bei externen Service Desks von Mobilfunkanbietern, Versicherungen oder Banken besteht, vor allem bei Security Incidents, die Prämisse immer IT-Personal auf Bereitschaft zu haben. Dort ist das Interesse und die Nachfrage danach nachvollziehbar groß, da diese auch mit dem Verkaufsfaktor der Dienstleistung verknüpft ist.
Doch eine IT, die sich um Softwareausfälle und kaputte Hardware innerhalb des Büros kümmert, blüht im Unternehmen auch schon bei einem Level von “es klappt schon” auf. Wenn diese dann auch mal ein größeres Problem löst, steigt sie in den Augen des Büros schnell vom Underdog zum Helden auf.
Ein weiterer Psychologischer Effekt ist die falsche Erwartungshaltung, die sich daraus bildet, dass die IT auf jedes kleine Problem ad hoc innerhalb kürzester Zeit reagiert. “Die haben jetzt aber schnell reagiert!” – und wenn das mal nicht der Fall ist, dann Ernüchterung doppelt so groß und die Beschwerden ebenso.
Diese beiden Beispiele zeigen eine klare Problematik auf, wie findet man das Maß an Anforderung der Mitarbeiter?
Was sind XLA’s?
Um solche noch harmlosen Vorfälle zu verhindern, muss man schnell erkennen, welche Unzufriedenheiten sich in Ecken von Unternehmen breit machen. Dabei dienen die qualitativen Messverfahren der XLAs als Ansatzpunkt für Führungskräfte.
XLA’s (Experience Level Agreements) sind Vereinbarungen, die die Benutzerzufriedenheit nach qualitativen Messverfahren analysieren und optimieren. Während SLA (Service Level Agreements) sich auf technische und betriebliche Leistungsmetriken konzentrieren sowie vertraglich Verfügbarkeitszeiten von Services festlegen. XLA’s den Fokus auf die Wahrnehmung und das Erlebnis des Endbenutzers, um ein umfassenderes Bild der Servicequalität zu bieten. Sie berücksichtigen die emotionale Reaktion der Benutzer auf die erbrachten Dienstleistungen.
Die Verknüpfung zu den vorher bestehenden SLA’s am Arbeitsplatz besteht darin, dass XLA die Erweiterung oder Ergänzung zu SLA’s darstellen und durch die XLA-Auswertungen auch Anpassungen an den SLA und KPIs resultieren können und sollten.
Was heißt qualitativ messen
XLAs und SLAs arbeiten zusammen. SLAs legen vertraglich fest, inwiefern technische Services im Unternehmen verfügbar sein müssen. Dazu zählt die Erreichbarkeit des Ticket System der IT und die durch SLAs festgelegten Rückmeldezeiten der IT beim User. Durch SLAs wird sichergestellt, dass eine Dienstleistung in einem gegebenen Rahmen vorhanden ist und erfüllt wird.
XLAs wiederum beschäftigen sich mit der Erfahrung rund um die Dienstleistung, der Employee-Experience (Mitarbeitererfahrung) in unsrem Beispiel des Digital Workplace. Darauf baut die Abschätzung zukünftiger Bedürfnisse auf, welche dazu dient, die positive Arbeitserfahrung am Arbeitsplatz zu fördern. Im Beispiel der IT und des gelösten Tickets spielt der Fokus nicht, wie schnell wurde das Problem durch die IT gelöst, sondern wie fühlte sich der User? Wurden im Alternativen in der Arbeitsweise bereitgelegt? Wie nahm er den Umgang mit seinem Problem durch die IT auf?
Um XLAs in der Organisation effektiv anzuwenden, gibt es unterschiedliche Herangehensweisen. Im Falle der Employee-Experience kann ähnlich wie bei halbjährlichen SLA-Umfragen ein separater XLA-Bogen verteilt werden, bei dem auf die subjektiven Erfahrungen der Mitarbeiter rund um den Arbeitsplatz eingegangen wird. Dazu gehört auch die vorherige Abschätzung von neu aufkommenden Bedürfnissen in der Belegschaft. Beispielhaft sollte instinktiv gefragt werden:
- Braucht Ihr Guides für eure neuen oder auch alten Tools?
- Wie hätten wir das Onboarding besser gestalten können?
- Welches Programm fehlt euch im Unternehmen?
- Welche noch nicht bestehenden Funktionen wünscht ihr euch?
- Welches Projekt lief eurer Meinung nicht gut, obwohl es erfolgreich war?
Hierbei ist nicht nur die klassische, häufig übersprungene Frage: „Sonstiges?“ Im Fragebogen gleichzusetzen. Es muss sich in die Lage der User versetzt werden, noch besser: Key User werden in der Konzipierung des Abfragemodells einbezogen.
Wie funktionieren XLA im Unternehmen?
Mechanismen wie der CES (Customer Effort Score), welcher die Anstrengung für die Erreichung eines Ziels durch den User beschreibt, oder der CSAT (Customer Satifaction) welcher die Zufriedenheit mit einer Dienstleistung misst, sind mögliche Ansatzpunkte, um XLAs einzubinden. Diese können quantitativ (Skalen oder Rangordnung fokussierte Fragebögen) sowie qualitativ (Textfeld Antworten welche komplexe, subjektive und detaillierte Begründungen zu spezifischen Fragen ermöglichen) gemessen werden. Hierbei setzen die Rahmenbedingungen um die Messung den Fokus auf individuelle Erfahrungen der Mitarbeiter. Dabei gibt es beispielsweise folgende Umsetzungsmöglichkeiten:
Post-Interaction-Surveys: Nach jeder Interaktion zwischen IT und Mitarbeitern gibt es eine Befragung per Fragebogen, dessen Fragen sich an den Beispielen aus dem Kapitel „Was heißt qualitativ messen“ orientieren. In der Entwicklung des Surveys ist es von oberster Wichtigkeit, sich in die Lage der Mitarbeiter zu versetzen – noch besser, diese gleich bei der Entwicklung des Fragebogens einzubinden. Somit entwickeln sich Fragestellungen, die subjektiven Erfahrungen messbar machen und möglichen Beschwerden entgegenkommen.
Interview in Fokusgruppen: Mitarbeiter und IT nehmen sich in Gruppen den eigenen Digital Workplace vor und analysieren diesen nach Ihren jeweiligen Vorstellungen, Anforderungen und Erfahrungen. Somit bildet sich ein gegenseitiges Verständnis im Arbeitsalltag bei Problembewältigung der IT. Dazu gelingt die konkrete Umsetzung von Wünschen bei Mitarbeitern durch den direkten Kontakt mit der IT leichter.
Dies sind nur zwei beispielhafte Möglichkeiten. Für die konkrete Verwendung von XLAs zum Fördern des Digital Workplace und Förderung der Employee Experience sollte man nicht mit Kanonen auf Spatzen schießen. Das heißt, die eigene IT sowie die Mitarbeiter müssen an den Prozess, der Beantwortung von subjektiven Erfahrungen langsam herangeführt werden. Die Entwicklung der nötigen Strukturen für eine Befragung der Employee Experience selbst braucht eine eigene Instanz im Unternehmen. Der nötige Arbeitsaufwand kann nicht nebenbei zu täglichen Geschäftsprozessen von einem Team bewältigt werden. Das liegt daran, dass der Fokus auf einzelne Bereiche im Unternehmen hin und her schwanken kann. Ebenso die spezifischen Fragestellungen immer angepasst werden müssen und sich stetig ändernde Technologien das Mitarbeiterumfeld prägen.
Die nötigen internen SLAs zwischen IT und den Mitarbeiterteams müssen dazu auch bereits bestehen, das Service Design ausgearbeitet und die Strukturen der Teams im Unternehmen und deren Beziehung zur IT einsehbar sein. Touchpoints an verschiedenen Stellen im Unternehmen wie am Headdesk, dem Service Desk, dem Onboarding und der IT selbst sind Brennpunkte für XLA-Befragungen, da genau dort die meisten subjektiven Erfahrungen zustande kommen.
XLA an Touchpoints
Um XLA’s im Arbeitsalltag anzuwenden, muss man sich langsam an die Thematik herantasten und Stück für Stück umsetzen. Nach einer Analyse des Unternehmens und dessen Geschäftsprozesse, kann festgehalten werden, welche Touchpoints Mitarbeiter intern am häufigsten haben. Bei Ticketschließungen, Onboardings und Restrukturierungen in der Organisation braucht es ein System, welches in kurzer Zeit Schlüsselerfahrungen der Mitarbeiter festhält.
Kurzabfragen nach Ticketschließung, persönliche Gespräche, Feedbackrunden, individualisierte Emails – all das bietet die Chance, neues über Mitarbeiterbedürfnisse zu erfahren. Von gewünschten Tools, Ablaufänderungen, Problemlösungsvorschläge und Lob, die Outcomes sind genauso vielfältig wie die Möglichkeiten Mitarbeiter abzufragen.
Wichtig ist, dass hierbei nicht nur die Regelmäßigkeit mit den Touchpoints eine Rolle spielt, sondern viel mehr auch die Kritikalität in der Mitarbeitererfahrung mit diesen. Verstehen kann man das in einem Vergleich: Der Ausfall einer viel genutzten Software im Unternehmen trifft die Mitarbeiter im Arbeitsalltag und Arbeitsvorschritt schwerer als der leere Obstkorb im Pausenraum. Beides wird eine negative Erfahrung für Mitarbeiter darstellen, doch die erstere hat breitere Auswirkungen. Genau während und nach solchen Krisen lohnt es sich in der Organisation zu fragen: „Wie nehmt Ihr die Situation um die Lösung des Softwareausfalls wahr? Findet Ihr Alternativen in der Arbeitsweise?“ Schlussendlich geht es bei der Mitarbeitererfahrung nur um eines, die stetige Verbesserung dieser.
Unser Bezug
Bei der nötigen Definition und Entwicklung von SLAs und der Schaffung einer Grundstruktur in der IT des Unternehmens bietet HiSolutions drei Jahrzehnte Erfahrung an. Dies dient als idealer Grundbaustein für die folgende Förderung der Employee Experience durch die Implementierung von XLAs – ohne in diesem zeitaufwendigen Prozess die interne IT zu strapazieren.