Zwei Bluetooth-Lücken zum Advent

In den letzten Wochen sind zwei Angriffe auf Bluetooth bekannt geworden. Beide sind vermutlich schwer für einen praktischen Angriff nutzbar — wenn die passenden räumlichen Voraussetzungen gegeben sind, eigentlich aber sehr leicht.

Marc Newlin hatte sich 2016 bereits kabellose Mäuse und Tastaturen angeschaut und die MouseJack-Lücke gefunden. Darauf fußt unter anderem die häufige Empfehlung, anstelle der proprietären Dongles mit eigenem Protokoll nur Mäuse und Tastaturen mit Bluetooth zu nutzen. Folgerichtig hat er jetzt einen Blick auf Bluetooth-Eingabegeräte geworfen und unter der Nummer CVE-2023-45866 einen Weg teilweise veröffentlicht, wie ohne Zutun des Nutzers fremde Tastaturen mit PCs und Handys gekoppelt werden können: Während bei Android bereits das aktivierte Bluetooth ausreicht, muss für den Angriff bei iOS und Mac OS irgendwann zuvor eine Tastatur von Apple gekoppelt worden sein. Der Angriff gelingt dann aber auch ohne weitere Nutzerinteraktion und sogar trotz Apples speziellem Lockdown-Mode. Der Angreifer kann aber keine Tastatureingaben der Nutzer mitlesen, sondern nur blind eigene Tastenanschläge einspielen. Die Auswirkungen hängen also stark von der konkreten Nutzung ab, und wie der Angreifer die passenden Eingaben timen kann. Noch sind nur wenige Eckdaten bekannt. Mehr Details will der Entdecker später teilen.

Die andere Lücke hat neben der simplen CVE-Nummer (CVE-2023-24023) auch einen markanten Namen (BLUFFS), eine Webseite mit animierten GIFs und für die seriöse Seite auch einen wissenschaftlichen Artikel. Beim ersten Überfliegen des Artikels hatte ich ihn schon fast zur Seite gelegt, da der Autor Daniele Antonioli in der Herleitung von einer Sicherheitszusage spricht, die zwar gebrochen wird, aber laut Bluetooth-Spezifikation gar nicht vorgesehen war (Future/Forward Secrecy).

Sie wird aber implizit angenommen und durch regelmäßige Wechsel der Sitzungsschlüssel praktisch auch adressiert. Daniele Antonioli konnte jedoch zeigen, dass er den Schlüsselwechsel beeinflussen und so die Kommunikationspartner dazu bringen konnte, immer wieder den gleichen Schlüssel zu nutzen. Der Funkverkehr muss dafür aber über das Angreifersystem gelenkt werden. Im ersten Schritt erzwingt der Angreifer einen ihm unbekannten, aber festen Schlüssel und kann die damit verschlüsselte Kommunikation mitschneiden. Jetzt kann der Angreifer in Ruhe versuchen, den Schlüssel zu knacken, was vermutlich Tage dauern wird. Kennt er dann den Schlüssel, kann er zurück zum Opfer gehen, wieder den Funkverkehr über sich umleiten, wieder den festen Schlüssel erzwingen und diesmal ungehindert mitlesen und sogar manipulieren.

Gelingt der Angriff, wären wieder Bluetooth-Tastaturen ein gutes Ziel – diesmal sogar zum Mitlesen und gezielten Ändern von Eingaben. Der Angriff ist geräteunspezifisch, es können also auch Freisprecheinrichtungen und Headsets abgehört werden.

Gegenmaßnahmen sind aktuell noch rar. Aber auch die Angriffsseite ist nicht so trivial. Zwar sind die notwendigen Tools inzwischen öffentlich, und der erfolgreiche Angriff wurde für eine Reihe von typischen Peripheriegeräten und Handys/Laptops gezeigt, jedoch ist unklar, wie leicht ein Angreifer den Funkverkehr umleiten kann. Da die Peripheriegeräte typischerweise sehr nah beim Hostgerät gestartet werden, muss sich der Angreifer mit sehr viel Funkleistung „vordrängeln“ und verhindern, dass die Geräte sich direkt miteinander verbinden. Das muss außerdem mehrmals in einem Abstand von einigen Tagen passieren. Bei der Risikobewertung sollte man berücksichtigen, ob ein Angreifer, der sich wiederholt so dicht seinem Opfer nähern kann, vielleicht auch einfachere Wege zum Mithören hat.

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